Openbox
Minimalistischer, hochkonfigurierbarer Stacking Window Manager für X11 mit Standards-Unterstützung
Kurze Übersicht
Openbox ist ein extrem schlanker, aber dennoch leistungsfähiger Fenstermanager für Linux, der sich durch minimalen Ressourcenverbrauch und maximale Konfigurierbarkeit auszeichnet. Als Nachfolger von Blackbox bietet Openbox eine puristische Desktop-Erfahrung ohne überflüssige Funktionen, lässt sich aber individuell mit Panels, Docks und anderen Komponenten zu einer vollwertigen Desktop-Umgebung ausbauen. Openbox dient als Basis für LXDE und LXQt und kann auch als Replacement-Window-Manager in GNOME oder KDE eingesetzt werden.
Stacking WM
Leichtgewicht
Minimalistisch
XML-Konfiguration
LXDE/LXQt
Open Source
Systemanforderungen
| Komponente | Geschätzter Bedarf |
|---|---|
| Speicherplatz | ~3-5 MB für Openbox selbst (minimal-Installation ~50-100 MB mit Grundtools) |
| RAM-Bedarf | ~7-20 MB für Openbox allein, ~80-150 MB mit Panel und Basisanwendungen, ~200-250 MB mit vollem Setup |
| Betriebssystem | Linux mit X11 (alle Distributionen), FreeBSD, OpenBSD, NetBSD |
| Abhängigkeiten | X11, Glib 2.0, Pango, libxml2 (für XML-Konfiguration) |
| CPU | Jeder x86/x64-Prozessor ab Pentium/486er-Klasse ausreichend |
Funktionen
| Funktion | Beschreibung |
|---|---|
| Vollständig konfigurierbar | Nahezu jeder Aspekt des Window Managers kann über XML-Konfigurationsdateien angepasst werden – von Tastenkombinationen über Maus-Bindings bis zu Fensterverhalten |
| Rechtsklick-Menü | Kontextmenü auf dem Desktop mit frei konfigurierbaren Anwendungs-Startern, Kategorien und Pipe-Menüs für dynamische Inhalte |
| Theming-System | Umfangreiches Theme-System basierend auf dem *box-Stil mit Unterstützung für verschiedene Fensterdekorationen, Farben und Transparenz |
| Standards-Konformität | Vollständige EWMH/NetWM-Unterstützung (Extended Window Manager Hints) für Kompatibilität mit modernen Anwendungen und Panels |
| Virtuelle Desktops | Dynamische Arbeitsflächen, die zur Laufzeit hinzugefügt oder entfernt werden können, mit individuellen Namen und Per-Desktop-Einstellungen |
| Window Shading | Fenster können zu ihrer Titelleiste „aufgerollt“ werden, um Platz zu sparen, ohne minimiert zu werden |
| Pipe-Menüs | Dynamische Menüs, die zur Laufzeit durch Shell-Skripte generiert werden – ideal für Systemstatus, Netzwerkauswahl oder Dateibrowser |
| Session Management | Integration mit GNOME- und KDE-Session-Managern oder standalone mit eigener Autostart-Funktion |
| Multi-Monitor-Support | Xinerama/RandR-Unterstützung für Multi-Monitor-Setups mit intelligenter Fensterplatzierung über mehrere Bildschirme |
| Tastenketten (Key Chains) | Emacs-ähnliche Key-Chain-Bindings für komplexe Tastenkombinationen (z.B. Strg+A, dann C für eine Aktion) |
| Per-Application-Settings | Individuelle Regeln für Anwendungen: Fensterposition, Desktop, Dekorationen, Layer, Größe können per Anwendung festgelegt werden |
| Resistance & Snapping | Fenster „kleben“ an Bildschirmrändern und anderen Fenstern beim Verschieben oder Vergrößern |
Ausführliche Beschreibung
Openbox startete 2002 als Fork von Blackbox 0.65.0, wurde aber ab Version 3 (2004) komplett neu in C geschrieben. Der Name stammt von der *box-Familie (Blackbox, Fluxbox), wobei „Open“ auf die offene Entwicklung und GPL-Lizenzierung hinweist. Ursprünglicher Entwickler war Mikael Magnusson, später übernahm Dana Jansens die Hauptentwicklung. Obwohl die Entwicklung seit 2015 weitgehend ruht, ist Openbox nach wie vor stabil, weit verbreitet und wird in vielen Distributionen aktiv genutzt.
Openbox verkörpert die Unix-Philosophie „Do One Thing And Do It Well“ konsequent: Es verwaltet Fenster – nicht mehr, nicht weniger. Im Gegensatz zu Desktop-Umgebungen wie GNOME oder KDE bringt Openbox weder Panel, Systemtray, Dateimanager noch Hintergrund-Verwaltung mit. Stattdessen bietet es eine solide, ressourcenschonende Basis, auf der Nutzer ihre eigene Desktop-Umgebung zusammenstellen können. Diese Modularität macht Openbox besonders attraktiv für minimalistische Setups, ältere Hardware oder Nutzer, die absolute Kontrolle über ihr System wünschen.
Die Konfiguration erfolgt hauptsächlich über XML-Dateien in ~/.config/openbox/, wobei rc.xml für globale Einstellungen, Tastenkombinationen und Mausbindungen zuständig ist, während menu.xml das Rechtsklick-Menü definiert. Diese Konfigurationsdateien sind gut dokumentiert und trotz XML-Format gut lesbar. Für Nutzer, die keine XML-Dateien bearbeiten möchten, gibt es grafische Tools wie ObConf (für Theme- und Verhalten-Einstellungen) und ObMenu (für Menü-Konfiguration). Die Lernkurve ist moderat: Grundlegende Anpassungen sind schnell gemacht, während fortgeschrittene Konfigurationen wie Pipe-Menüs oder komplexe Key-Chains tieferes Verständnis erfordern.
Openbox glänzt durch seine Vielseitigkeit: Es kann standalone als minimaler Window Manager laufen (ideal für Netbooks, alte PCs oder Server mit grafischer Oberfläche), als Komponente in vollständigen Desktop-Umgebungen wie LXDE/LXQt dienen, oder als Ersatz für Standard-Window-Manager in GNOME/KDE eingesetzt werden. Diese Flexibilität macht es zu einer beliebten Wahl für spezialisierte Linux-Distributionen wie BunsenLabs (ehemals CrunchBang), Archcraft oder Mabox Linux. Die Performance ist exzellent: Selbst auf Hardware aus den frühen 2000ern läuft Openbox flüssig, während moderne Systeme kaum merken, dass ein Window Manager läuft.
Einsatzgebiete: Openbox eignet sich hervorragend für alte Hardware-Rettung (Computer mit 256-512 MB RAM), minimalistische Desktop-Setups für Entwickler, Server mit GUI-Anforderungen (Monitoring, Remote-Desktop), DIY-Desktop-Umgebungen für Power-User, Netbooks und Mobile-Geräte, als Performance-Boost in GNOME/KDE durch Window-Manager-Replacement, und für Raspberry Pi oder andere ARM-Geräte mit begrenzten Ressourcen.
Lizenzierung: GNU General Public License v2.0 (GPL-2.0) – vollständig quelloffen und kostenlos
Weitere Informationen: openbox.org | Community: GitHub | Wiki: Openbox Wiki
Vergleichbare Linux-Alternativen
| Alternative | Beschreibung |
|---|---|
| IceWM RAM ~15-25 MB • Speicher ~5 MB |
Leichtgewichtiger Stacking Window Manager mit integriertem Panel und Taskleiste. Ähnlich ressourcenschonend wie Openbox, aber mit mehr Out-of-the-Box-Funktionalität. Gut für Nutzer, die nicht alles selbst zusammenstellen möchten. |
| i3 RAM ~10-20 MB • Speicher ~3 MB |
Tiling Window Manager statt Stacking – Fenster werden automatisch gekachelt ohne Überlappung. Sehr effizient für Tastatur-fokussierte Workflows. Steile Lernkurve, aber extrem produktiv für Entwickler. Moderne Alternative zu traditionellen WMs. |
| Fluxbox RAM ~20-30 MB • Speicher ~8 MB |
Direkter Verwandter von Openbox, ebenfalls aus der Blackbox-Familie. Bringt eigenes Panel und mehr integrierte Features mit. Etwas ressourcenintensiver, aber komfortabler für Anfänger. Gute Wahl für ehemalige Blackbox-Nutzer. |
| FVWM RAM ~15-25 MB • Speicher ~4 MB |
Veteran-Window-Manager seit 1993 mit enormer Flexibilität. Noch konfigurierbarer als Openbox, aber mit komplexerer Konfiguration. Ideal für absolute Kontrolle und ungewöhnliche Workflows. Old-School-Charme mit modernen Features. |
| bspwm RAM ~8-15 MB • Speicher ~2 MB |
Minimalistischer Binary Space Partitioning Tiling WM. Noch schlanker als Openbox, aber mit Tiling statt Stacking. Konfiguration über externe Tools (sxhkd). Für fortgeschrittene Nutzer, die volle Kontrolle und Automatisierung wünschen. |
| SpectrWM RAM ~10-15 MB • Speicher ~2 MB |
Minimaler Tiling WM mit Fokus auf Geschwindigkeit und Einfachheit. Konfiguration ohne Programmiersprache (nur Config-File). Guter Kompromiss zwischen i3-Komplexität und Openbox-Simplizität für Tiling-Interessierte. |
| JWM (Joe’s Window Manager) RAM ~12-20 MB • Speicher ~3 MB |
Ultraleichter Stacking WM mit XML-Konfiguration ähnlich Openbox. Noch minimalistischer, aber mit integriertem Panel. Ideal für extrem alte Hardware (funktioniert auf 486ern) oder Embedded Systems. Weniger Features, dafür absolut minimal. |
Hinweis zur Auswahl: Openbox ist ideal für Nutzer, die einen traditionellen Stacking Window Manager mit maximaler Anpassbarkeit suchen. IceWM bietet ähnliche Performance mit mehr Komfort out-of-the-box. i3 und bspwm sind für Tiling-Enthusiasten gedacht. Fluxbox ist die komfortablere Alternative mit mehr integrierten Features. FVWM richtet sich an Power-User mit Jahrzehnten Erfahrung. JWM ist für absolute Minimalisten oder extremste Hardware-Einschränkungen.
Download & Installation
Website: openbox.org | Quellcode: GitHub | Dokumentation: Wiki
Debian/Ubuntu
# Openbox und wichtige Zusatztools installieren
sudo apt update
sudo apt install openbox obconf obmenu tint2 nitrogen \
lxappearance pcmanfm lxterminal
# Optional: Weitere nützliche Tools
sudo apt install feh gmrun rofi compton volumeicon-alsa
Fedora/RHEL/CentOS
# Mit DNF installieren
sudo dnf install openbox obconf obmenu tint2 nitrogen \
lxappearance pcmanfm lxterminal
# Optional: Zusätzliche Tools
sudo dnf install feh gmrun rofi compton
Arch Linux
# Basisinstallation
sudo pacman -S openbox obconf tint2 nitrogen \
lxappearance-gtk3 pcmanfm lxterminal
# Optional: Erweiterte Tools
sudo pacman -S feh rofi picom dunst volumeicon
# AUR-Pakete (mit yay)
yay -S obmenu-generator nitrogen-git
NixOS
# Deklarative Konfiguration in configuration.nix
environment.systemPackages = with pkgs; [
openbox
obconf
tint2
nitrogen
lxappearance
pcmanfm
lxterminal
feh
rofi
];
# Window Manager festlegen
services.xserver.windowManager.openbox.enable = true;
# Oder imperativ installieren
nix-env -iA nixos.openbox
openSUSE
# Mit Zypper installieren
sudo zypper install openbox obconf tint2 nitrogen \
lxappearance pcmanfm lxterminal
# Optional: Zusatzpakete
sudo zypper install feh gmrun compton
Gentoo
# Mit emerge installieren
sudo emerge -av x11-wm/openbox \
x11-misc/obconf \
x11-misc/tint2 \
x11-misc/nitrogen
# USE-Flags für erweiterte Features
echo "x11-wm/openbox imlib startup-notification" >> /etc/portage/package.use/openbox
sudo emerge -av x11-wm/openbox
Aus Quellcode kompilieren
# Abhängigkeiten installieren (Debian/Ubuntu)
sudo apt install build-essential libx11-dev libxft-dev \
libxinerama-dev libxrandr-dev libglib2.0-dev \
libxml2-dev libpango1.0-dev
# Repository klonen und bauen
git clone https://github.com/danakj/openbox.git
cd openbox
./bootstrap
./configure --prefix=/usr
make
sudo make install
Empfehlung: Für die meisten Nutzer ist die Installation über die offiziellen Repositories ihrer Distribution die beste Wahl. Dabei sollten zusätzlich zu Openbox selbst mindestens ein Panel (tint2), ein Wallpaper-Setter (nitrogen/feh) und grundlegende Anwendungen (Dateimanager, Terminal) installiert werden. Arch-Nutzer profitieren von obmenu-generator aus AUR für automatische Menü-Generierung.
Erste Schritte nach der Installation
Nach der Installation können Sie:
- Session-Auswahl beim Login: Im Display Manager (LightDM, GDM, SDDM) „Openbox“ als Session auswählen. Falls nicht vorhanden,
~/.xinitrcmitexec openbox-sessionerstellen und mitstartxstarten - Erster Start: Nach dem Login erscheint ein leerer schwarzer Bildschirm. Rechtsklick auf den Desktop öffnet das Hauptmenü
- Konfiguration kopieren: Beim ersten Start wird automatisch
~/.config/openbox/erstellt. Alternativ manuell:mkdir -p ~/.config/openbox && cp -r /etc/xdg/openbox/* ~/.config/openbox/ - Autostart einrichten: Datei
~/.config/openbox/autostarterstellen und Programme eintragen (z.B.tint2 &,nitrogen --restore &,volumeicon &) - Theme anpassen:
obconfstarten (über Menü oder Terminal) und Theme, Fensterverhalten und Desktop-Optionen konfigurieren - Wallpaper setzen:
nitrogenstarten, Wallpaper-Verzeichnis auswählen, Bild wählen und „Apply“. In autostart mitnitrogen --restore &eintragen - Tastenkombinationen: In
~/.config/openbox/rc.xmlunter<keyboard>eigene Keybindings hinzufügen
Wichtige Standard-Tastenkombinationen
# Desktop & Fenster
Alt + F4 = Fenster schließen
Alt + F5 = Un/Maximize (vertikal)
Alt + F6 = Iconify (minimieren)
Alt + F7 = Move-Modus (Fenster mit Pfeiltasten verschieben)
Alt + F8 = Resize-Modus (mit Pfeiltasten)
Alt + Esc = Lower-Fenster (nach hinten)
Alt + Tab = Zwischen Fenstern wechseln
# Desktops
Ctrl + Alt + Pfeiltasten = Zwischen virtuellen Desktops wechseln
Shift + Alt + Pfeiltasten = Fenster auf anderen Desktop verschieben
# Erweitert
Alt + Rechtsklick (Fenster) = Größe ändern (Maus ziehen)
Alt + Linksklick (Fenster) = Fenster verschieben
Mittelklick (Titelleiste) = Lower/Raise Toggle
Empfohlene Zusatzkomponenten für einen vollständigen Desktop
# Panel / Taskleiste
tint2 # Leichtgewichtig, gut konfigurierbar
lxpanel # Vollständigeres Panel von LXDE
polybar # Modern, modular (für Fortgeschrittene)
# Wallpaper
nitrogen # GUI-Tool, einfach zu bedienen
feh # Kommandozeile, sehr leicht
hsetroot # Einfache Vollfarben/Gradienten
# Anwendungs-Launcher
gmrun # Minimaler Run-Dialog
rofi # Moderner, themebarer Launcher
dmenu # Klassischer, tastaturzentrierter Launcher
# Compositing (Transparenz, Schatten)
picom/compton # Leichter Compositor
xcompmgr # Minimaler Compositor
# Dateimanager
pcmanfm # Leicht, schnell, GTK-basiert
thunar # XFCE-Dateimanager, mehr Features
ranger # Terminal-basiert für Power-User
# Systemtray
trayer # Standalone Systemtray
stalonetray # Alternative mit mehr Optionen
# Benachrichtigungen
dunst # Minimalistisch, konfigurierbar
notification-daemon # Standard-Daemon
Beispiel autostart-Datei
# ~/.config/openbox/autostart
# Panel starten
tint2 &
# Wallpaper wiederherstellen
nitrogen --restore &
# Compositing für Transparenz/Schatten
picom -b &
# Systemtray
volumeicon &
nm-applet &
# Benachrichtigungen
/usr/lib/notification-daemon/notification-daemon &
# Bildschirmschoner
xscreensaver -no-splash &
Beispiel rc.xml Keybinding-Ergänzungen
<!-- Terminal mit Super+Return -->
<keybind key="W-Return">
<action name="Execute">
<command>lxterminal</command>
</action>
</keybind>
<!-- Dateimanager mit Super+E -->
<keybind key="W-e">
<action name="Execute">
<command>pcmanfm</command>
</action>
</keybind>
<!-- Launcher mit Super+R -->
<keybind key="W-r">
<action name="Execute">
<command>gmrun</command>
</action>
</keybind>
<!-- Firefox mit Super+F -->
<keybind key="W-f">
<action name="Execute">
<command>firefox</command>
</action>
</keybind>
Hinweis zu Versionen: Die aktuelle stabile Version ist Openbox 3.6.1 (2015). Obwohl die Entwicklung weitgehend ruht, ist Openbox sehr ausgereift und stabil. Neuere Patches werden gelegentlich von Community-Maintainern in Distributionen eingepflegt. Für Wayland-Nutzer ist Openbox nicht geeignet – hier sollte man zu Sway (i3-Klon) oder anderen Wayland-Compositors greifen. Openbox funktioniert ausschließlich mit X11/Xorg.
Distributionen mit Openbox als Standard: BunsenLabs Linux, Archcraft, Mabox Linux, CrunchBang++ (CBPP), PCLinuxOS Openbox Edition, SparkyLinux Openbox, ArchBang, LXLE (basierend auf LXDE mit Openbox). Diese Distributionen bieten vorkonfigurierte Openbox-Setups und sind ideal zum Kennenlernen.








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